Nachfolgend einige wichtige Stricktechniken - nicht nur für Fair-Isle-Teile
Offener Maschenanschlag
Wie bei jedem anderen Strickstück auch gibt es für das Bündchen natürlich zahlreiche Varianten. Da
ich mich (nicht nur bei Fair-Isle-Stücken) oft nicht entscheiden kann, welches Bündchen zu dem von mir geplanten Teil passen könnte, und ich meist schon ungeduldig auf das Stricken des eigentlichen
Musters bin, stricke ich die anzuschlagende Maschenzahl aus einer vorher gehäkelten Luftmaschenkette heraus und stricke 1 Reihe/Runde in der Grundfarbe glatt rechts. Nach Beendigung
des Teils ziehe ich die Luftmaschenkette vorsichtig auf, nehme die Maschen wieder auf und stricke das Bündchen entgegengesetzt an.
Eine sehr schöne Bündchenvariante für Fair-Isle-Pullover und -jacken (die häufig auch in den
entsprechenden Büchern zu sehen ist) ist der
Runde (italienische) Anschlag mit mehrfarbigem (sog. keltischen) Bündchen
Es gibt verschiedene Methoden. den italienischen Maschenanschlag zu stricken; am einfachsten ist m
.E. das Arbeiten mit einem Hilfsfaden in einer Kontrastfarbe, der später wieder aufgeschnitten wird.
Runder Anschlag in Hin-und Rückreihen
Zunächst in der Kontrastfarbe die Hälfte der benötigten Maschenzahl plus 1 Randmasche im
Kreuzanschlag anschlagen. Anschließend die Fäden der „Hilfsreihe“ abschneiden und verknoten.
In der folgenden Reihe (1.Reihe) mit dem Originalgarn (und einer halben bis einer Nadelstärke kleiner
als der, mit der das Teil später gestrickt wird) immer im Wechsel 1 M rechts, 1 Umschlag stricken, mit einer Randmasche enden.
In der 2.Reihe die Umschläge der Vorreihe rechts stricken, die zuvor rechts gestrickten Maschen (die
jetzt links erscheinen) links abheben, d.h. von rechts nach links in die Masche einstechen, der Faden liegt vor der Arbeit und nur die Masche auf die rechte Nadel heben, den Faden anschließend wieder
hinter die linke Nadel legen und 1 M rechts stricken.
3.Reihe: immer im Wechsel rechts erscheinende Maschen rechts stricken, linke Maschen links
abheben.
4. und 5.Reihe: wie 3.Reihe
Runder Anschlag in Runden
Die Hälfte der benötigten Maschenzahl mit dem Hilfsfaden anschlagen. Diesen abschneiden und verknoten.
Mit dem Originalgarn in der 1.Runde 1M rechts, 1 Umschlag stricken, nach dem letzten Umschlag die Runde schließen.
In der 2.Runde die erste (vorher rechts gestrickte) Masche rechts abheben, d.h. von rechts nach links
in diese einstechen und auf die andere Nadel heben, Faden dabei hinter der Arbeit, die nächste M (dh. den vorherigen Umschlag) links stricken usw.
In der 3.Runde die erste Masche rechts stricken, die nächste links abheben, usw.
Runde 4 und 5: wie Runde 2 und 3 stricken. Hilfsfaden vorsichtig aufschneiden und herausziehen.
Bei beiden Varianten entsteht eine runde, innen hohle Bündchenkante, auf die das eigentliche
Bündchen folgt. Dieses kann jetzt z.B. einfach 1 re 1 li weitergestrickt werden. Wird ein 2re 2 li-Bündchen gewünscht, muss die folgende Reihe wie folgt umgestrickt werden:
6.Reihe/Runde: 1 M rechts. Jetzt in die übernächste (ebenfalls rechte Masche) einstechen und diese
rechts stricken, aber noch auf der linken Nadel lassen. Dann die dazwischenliegende linke Masche stricken und beide M von der linken Nadel gleiten lassen.
Die nächsten beiden M stricken wie sie erscheinen, d.h. 1M links, 1M rechts. Anschließend wieder
zunächst die übernächste rechte Masche rechts stricken...s.o.
Nach dieser „Umstrickreihe“ kann mit dem mehrfarbigen Bündchen begonnen werden. Pro
Reihe/Runde werden jeweils 2 Farben verwendet.
Um größere Tiefenwirkung zu erzielen, empfiehlt es sich, die rechten Maschen mit der Grundfarbe, die
linken Maschen mit der Einstrickfarbe zu stricken und diese evtl. in jeder oder jeder 2. Reihe zu variieren. Schön sehen Farbverläufe von Hell zu Dunkel oder umgekehrt aus.
Einweben von Fäden
Durch die vielen Farbwechsel bei Fair-Isle-Stücken stellt sich schnell die Frage: wohin mit den vielen
Fäden am Rundenanfang und Ende?
Ca.12-14 Maschen vor dem Beginn einer neuen Farbe beginne ich mit dem Einweben dieser Farbe: d
.h. ich lege den neuen Faden über meinen Arbeitsfaden und lasse ihn auf der Rückseite wie beim Mehrfarbenstricken mitlaufen. Nach 2-3 Maschen kreuze ich den neuen Faden wiederum mit dem
Arbeitsfaden usw., so dass, wenn die neue Farbe beginnt, der entsprechende Faden bereits fest mit dem Strickstück verankert ist.
Ebenso verfahre ich mit dem alten Faden, den ich noch über 12-14 Maschen in der oben
beschriebenen Weise mitlaufen lasse. Anschließend werden beide Fadenenden auf ca. 3 cm abgeschnitten. Die Fäden sind durch diese Technik fertig vernäht. Durch das zeitnahe Abschneiden
weiss ich bei der späteren Ausarbeitung auch auch, welche Fäden ich eingewebt habe und bei welchen ich das Einweben vergessen habe.
|
Diese Einwebtechnik verwende ich nicht nur zum Ansetzen eines neuen Fadens, sondern im gesamten
Strickstück, d.h. sobald eine Farbe im Muster über mehr als 2-3 Maschen verläuft, wird die zweite Farbe auf diese Weise eingewebt. Vorteil: das Teil hat eine völlig gleichmäßige Fadenspannung und
auf der Rückseite gibt es keine langen Fäden, in denen man hängen bleiben kann. Außerdem ist der zweite Faden dann immer dort, wo ich ihn brauche.
Man sollte allerdings darauf achten, die mitlaufenden Fäden nicht in jeder Runde an der gleichen Stelle einzuweben (das ist dann auf der Vorderseite sichtbar), sondern in jeder Runde versetzt, d.h. in der 1
. Runde z.B. nach der 1., 3., 5. Masche usw., in der 2. Runde nach der 2., 4., 6. usw.
Damit sich die Arbeitsfäden beim Einweben nicht völlig verdrehen, kreuze ich den zweiten Faden
abwechselnd über und unter meinem Arbeitsfaden. Wie man dieses Verkreuzen hinbekommt, ohne den Arbeitsfaden jedesmal loslassen zu müssen (was ja viele vom Mehrfarbenstricken abhält) sollte jeder
mit etwas Probieren selbst herausbekommen. Einige Stricker nehmen beide Fäden auf den linken Zeigefinger, wobei der zweite gegengleich um diesen gewickelt wird, einige wickeln den Zweitfaden
um den linken Mittelfinger, einige auch um den Zeigefinger der rechten Hand. Im Internet (youtube) gibt es - speziell zur letzten Variante- inzwischen auch kurze Filme, die man sich (am besten schon mit dem
Strickprojekt in der Hand) angucken kann.
|
Da mir die motorische Geschicklichkeit hierfür fehlt, habe ich meine eigene Technik entwickelt: ich
habe nur den Faden der Hauptfarbe auf dem linken Zeigefinger, den Zweitfaden klemme ich mir zwischen den Ringfinger und den kleinen Finger der linken Hand. So kann ich ihn zunächst auf der
Rückseite mitlaufen lassen, habe das Strickteil aber noch immer fest in der Hand.
Nach zwei Maschen hebe ich die beiden Finger mit dem eingeklemmten Zweitfaden an, stricke die
beiden nächsten Maschen des Hauptfadens quasi unter diesem her und nehme dann die beiden Finger wieder herunter, so dass der zweite Faden diesmal automatisch über dem ersten zu liegen kommt,
stricke wieder zwei Maschen und wiederhole das Ganze...
Wird nun die Zweitfarbe benötigt, kann ich diese entweder auf den Zeigefinger übernehmen oder -
wenn ich die Fäden nicht loslassen möchte -, auch direkt von den beiden hinteren Fingern abstricken und dann ähnlich verfahren wie oben beschrieben. Meist wird die Zweitfarbe ja über weniger bzw. nur
einzelne Maschen gestrickt, so dass man diese ohne größere Verrenkungen auf den hinteren beiden Fingern belassen kann.
Ich hoffe, die Fotos machen das Ganze etwas nachvollziehbar. Letzlich entwickelt aber jeder so seine
eigene Technik, was ich auch in meinen Kursen (auch denen, die ich selbst besuche) immer wieder erlebe. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, etwas Geduld ins Üben zu investieren; der spätere Zeitvorteil
ist enorm und da die Fair-Isle-Muster ja sehr regelmäßig sind, sind einem geübten Stricker die Farbwechsel nach einigen Rapports in Fleisch und Blut übergegangen.
Steeks
Steeks sind die Hilfsmaschen, die ich benötige, um den Pullover oder die Jacke bis oben komplett rund
stricken zu können. Sie werden folgendermaßen angelegt;
In Höhe der Armausschnitte werden in der ersten Runde auf der einen
Seite die für den Armausschnitt benötigten Maschen abgekettet. Dann die Runde weiter stricken bis zum anderen Armausschnitt und auch hier die entsprechende Maschenzahl abketten.
(Wichtig: Da ich in Runden stricke, muss ich hier gleichzeitig die
Maschenzahl für Vorder- UND Rückenteil abketten!! Rundenanfang ist immer in der Mitte eines Armausschnitts)
In der nächsten Runde schlage ich über diesen abgeketteten Maschen jeweils 10-12 Maschen (immer
eine gerade Zahl!!!) abwechselnd in meinen beiden verwendeten Farben neu an und setze meine Runden wie gehabt fort. Diese neu angeschlagenen Maschen (die eine Art tütenförmige Ausstülpung
über meinen Armausschnitten bilden) sind unabhängig von der Zahl der zuvor abgenommenen Maschen und sind später beim Aufschneiden quasi meine Nahtzugabe für den Armausschnitt.
Die neu angeschlagenen Maschen werden nun in jeder Runde mitgestrickt und zwar abwechselnd 1 M in der einen und 1 M in der
anderen Farbe, wobei diese beiden Farben in jeder Runde versetzt werden, so dass keine Streifen entstehen, sondern eine Art zweifarbiges
Perlmuster (O-Ton Wolle & Design), welches aber wie das übrige Stück glatt rechts gestrickt wird.
Dieses zweifarbige Perlmuster verhindert später, dass der Steek nach
dem Schneiden aufribbelt. Deshalb sollte zwischen den Musterrunden idealerweise maximal eine einfarbige Runde liegen, in der dann auch der Steek einfarbig gestrickt
werden kann. Sind im Muster mehrere einfarbige Runden vorgesehen, muss (wie oben beim Einweben beschrieben) vor dem Steek ein zweiter Faden angesetzt und anschließend noch über einige Maschen
eingewoben werde, um das Perlmuster aufrecht zu erhalten.
Damit man - zumindest in den Anfangsrunden - nicht mit den Steekmaschen und denen des
Hauptmusters durcheinanderkommt, empfiehlt es sich, vor und nach den Steekmaschen einen andersfarbigen, zu einer kleinen Schlaufe geknoteten Faden einzuhängen und in jeder Runde einfach
von einer Nadel zur anderen abzuheben. Das hat auch den Vorteil, dass man dadurch weitere evtl. erforderliche Abnahmen des Hauptteils (um z.B. abgerundete Armausschnitte zu erhalten) besser erkennen kann.
|
Beim Halsausschnitt wird ähnlich verfahren: je nach gewünschter Ausschnittform (rund oder V) wird
zunächst die hierfür erforderliche Maschenzahl in der Mitte des späteren Vorderteils abgekettet, in der folgenden Runde werden dann wiederum 10 bis 12 Maschen darüber angeschlagen und die Runde
weiter fortgesetzt. Rechts und links der (idealerweise wiederum gekennzeichneten) Steekmaschen wird dann weiter für den Halsausschnitt abgenommen. Der Pullover erhält dann eine etwas
merkwürdige Form, da trotz der Halsausschnittabnahmen der Steek in seiner Breite unverändert bleibt, das ändert sich aber rasant nach dem Aufschneiden :))
In der letzten Runde werden alle Maschen abgekettet (falls die Schultern im offenen Maschenstich
zusammengnäht werden sollen, nur die Steekmaschen).
Anschließend werden die Schulternähte geschlossen und dann kommt der große Moment: Mit einer
kleinen scharfen Schere werden die Steekmaschen in der Mitte des Steeks - genau zwischen den beiden mittleren Maschen von unten nach oben aufgeschnitten, anschließend nach innen umgeklappt,
evtl, versäubert und mit wenigen Stichen locker angenäht.
(Foto links: Der Halsausschnitt unmittelbar nach dem Aufschneiden. Man kann deutlich erkennen, wie
sich die Steekmaschen quasi von selbst nach innen umlegen)
Der gleiche Vorgang wird hier noch einmal an einem anderen Pullover (diesmal mit V-Ausschnitt) dargestellt:
Vor dem Aufschneiden: alle Steeks sind noch geschlossen.
Die Steeks für die Armlöcher sind aufgeschnitten.
Zuletzt wird der Steek für den Halsausschnitt aufgeschnitten.
Der fertige V-Ausschnitt nach Anstricken eines schlichten kraus rechten Bündchens.
Bei Jacken oder Westen wird in der Mitte des Vorderteils von vornherein ein Steek mit eingearbeitet.
|